Leserbrief zum Artikel „Ausschuss einstimmig für Krematorium“
NOZ vom 24.04.2015
Der Rat der Stadt hat vor Jahren entschieden, dass Lingen ein Krematorium benötigt. Eine Begründung gibt es dafür bis heute nicht. Bei 571 Sterbefällen im Jahr 2013 wären 228 Feuerbestattungen (40%) angefallen. Wer dem Bürger diese 228 Einäscherungen als Bedarf verkauft, hat Probleme mit dem Begriff, vielleicht auch mit der Wahrheit. Diese Zahl drückt lediglich das Aufkommen aus. Von einem Bedarf könnte gesprochen werden, wenn man eine unangemessen lange Zeit auf die Einäscherung seiner Angehörigen warten müsste. Das ist jedoch nicht der Fall.
Ich habe Anfang März an zwei Urnenbestattungen teilgenommen. Die Bestattung in Lingen erfolgte am 7. Tag, die in Salzbergen am 4. Tag nach dem Tod. Beide Trauerfeiern fanden in Friedhofskapellen statt. Wer mit kurzen Entfernungen für Angehörige und Freunde argumentiert dürfte also daneben liegen, denn es entspricht nicht der deutschen Mentalität Trauerfeiern vor dem Verbrennungsofen abzuhalten.
Der Bürger wird sich weiterhin für ein Bestattungsunternehmen seines Vertrauens entscheiden. Unwahrscheinlich, dass dann Brögbern der Einäscherungsort sein wird. Somit sind alle Zahlen, die von einem theoretischen Aufkommen ausgehen genauso fragwürdig, wie die Folgemaßnahmen hinsichtlich Verkehrsführung, Parkplätzen usw., die den Haushalt der Stadt und somit auch den Bürger belasten. Eine rationale Entscheidung kann nur lauten: Das Krematorium in Brögbern ist so überflüssig ist wie „ein Kropf“.
Das sieht Lingens Stadtrat völlig anders. Verantwortlich ist die Mehrheitsfraktion der CDU. Sie ignoriert Fakten sowie Bürgerwillen, versteckt sich bei unangenehmen Fragen hinter der Verwaltung und strapaziert deren Loyalitätspflicht Wenn dieser Rat für sich in Anspruch nimmt für alle Lingener Bürger zu sprechen, ist das in einer Demokratie formal richtig. Informationsverweigerung Sturheit und Rechthaberei sind in einer demokratischen Gesellschaft jedoch keine Grundlage für Wahlerfolge. Also liebe Mandatsträger, träumen sie weiter von ihrer großen Bürgernähe. Verschlafen Sie aber nicht die nächsten Kommunalwahlen.
Hans-Wolfgang Biermann
Lingen